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Besuch der Illustratorin Nadia Budde

„Die spricht in Bildern“ – so betitelt Nadia Budde selbst auf humorvolle Art und Weise in ihrem Vortrag vor den Schülerinnen der Kunstkurse der Jahrgangsstufen 11 und 12 ihre Arbeit als erfolgreiche Illustratorin. Bilder sind laut Frau Budde neben anderen Ausdrucksformen wie Sprache, Musik, Tanz und Körpersprache eines der wichtigsten Kommunikationsmittel. Sie erhält Aufträge für die Gestaltung von Plakaten, Zeitschriftencovern, Visitenkarten, Plakaten und Kalenderblättern. Ihr eigentliches Metier sind jedoch illustrierte Kinderbücher mit selbstverfassten Texten – meist in Reimform. Sie zeichnet vordergründig Tiere – wobei ihr dabei das Kitschige, Liebliche, Niedliche nicht liegt. Der Pandabär ist ihr „ehrlich gesagt egal“, auch das Einhorn interessiert sie nicht. Sie möchte „miese Gestalten“ wie Taranteln, Schaben, Zecken, Heuschrecken und „eklige Kriechtiere“ in den Fokus ihrer Bücher rücken. Tiere, um die „sich sonst niemand kümmert.“ Frau Budde beginnt ihren sehr launigen und humorvollen, einstündigen Vortrag mit der Vorstellung ihres Buches „Eins, zwei, drei, Vampir“ für Kinder ab zwei Jahren. Doch auch die Oberstufenschülerinnen haben hier viel zu lachen! Frau Budde präsentiert einige Seiten aus diesem Buch, es handelt sich jeweils um eine nebeneinanderstehende Reihe unterschiedlicher Tiere mit knappen Untertiteln – die letzten beiden in Reimform. Das letzte Tier in der Reihe ist zunächst nicht zu sehen – unsere Schülerinnen sollen dieses erraten, beispielsweise: „Im Kleid. Im Anzug. Im Mantel….. TARANTEL.“ Oder auch: „Mit Blume. Mit Blättern. Mit Stil….. KROKODIL.“ Budde spielt auch mit Gefühlen der Kinder wie Schauder, Ekel, ja sogar Angst: sie zeigt eine Buchseite mit einem unheimlichen Monster, welches an verschiedenen Orten, schließlich unter dem Kinderbett liegt: „Da. Dort. Hier…. BEI DIR.“

 

Bücher wie „Unterm Bett liegt ein Skelett. Gruselgedichte für mutige Kinder.“ der gebürtigen Berlinerin erscheinen auch heute noch unkonventionell – vor 20 Jahren, als ihr erstes Buch: „Eins, zwei, drei, Tier“ herauskam, füllte es offenbar eine Marktlücke und erhielt den Deutschen Jugendliteraturpreis. Auch ihre folgenden Bücher erhielten Auszeichnungen. Ihre Figuren sind „nicht zu nett“, sie sprechen offenbar die Faszination von Kindern für Ekel, Grauen und leichtes Gruseln an, zudem sind sie geprägt von einer sehr eigenwilligen Art von Humor, den die Illustratorin auch bei sich selbst anwendet: Auf die Frage, was sie neben Reimen und Zeichnen noch gut könne, antwortet sie: „Den Hund ausführen – ich werde immer besser, er beißt nicht mehr so viel!“

 

Den Hund und einen Kaffee – das braucht sie zum Zeichnen. Kein Atelier, keinen besonders hergerichteten Arbeitsplatz. „Ich kann überall arbeiten, im Zug oder am Küchentisch.“ Sie fertigt von einem Motiv viele viele Zeichnungen an, zieht meist mit dem Pinsel oder dem Filzstift dicke, schwarze Konturlinien, scannt die Arbeiten ein und bearbeitet sie digital im Bildbearbeitungsprogramm. Zu Farbe habe sie „kein gutes Verhältnis“, sie wählt klare, flächig aufgetragene Farben für ihre Tiere und möchte gerne einmal ein Kinderbuch in Schwarz-Weiß gestalten. Das Tier beschäftigt sie schon lange – auch in ihren Büchern: „Trauriger Tiger toastet Tomaten“, „Um sechs kommt die Echs“ oder in „Großstadttiere“. Sie greift aber auch andere Themen auf: die Schwelle vom Kindsein zum Erwachsenen behandelt sie in: „Such Dir was aus, aber beeil dich! Kindsein in zehn Kapiteln.“ Es geht darin auch um Skurriles – um Nasenbluten, eklige Gerüche, um Schnupfen und Erkältungsträume. Auch Frau Budde selbst erlebt Skurriles: Ein Pharmaunternehmen bat sie einst, die Verpackung für ein Medikament gegen Herpesviren zu gestalten – doch das Unternehmen lehnte ihren Entwurf schließlich ab: die von Nadia Budde gezeichneten Herpesviren mit anthropomorphen Zügen könnten Mitleid bei den herpesgeplagten Patienten hervorrufen!

 

Eine Spätberufene ist sie – aufgewachsen in Ostberlin, damals „gab es nicht so viele Möglichkeiten“, das Abitur holt sie an der Abendschule nach, beginnt spät ein Grafik-Studium an der Kunsthochschule Berlin Weißensee und am Royal College of Art in London. Zur Illustration kommt sie eher zufällig – eine Professorin gibt den Anstoß. Heute ist sie viel unterwegs, hält Vorträge und Workshops, unterrichtet bisweilen an Hochschulen und ist viel auf Reisen. Dazwischen zeichnet sie. „Was ist für Sie das Schönste an Ihrer Arbeit“ lautet eine der vielen interessierten Fragen der Schülerinnen im Anschluss an den Workshop – darauf antwortet sie: „Wenn auf dem Blatt etwas Stimmiges entsteht, das etwas widerspiegelt, mit einer gewissen Erkennbarkeit. Etwas, das mir wichtig ist, ein Wesen mit Ausdruck.“

 

Nach dem Vortrag folgt ein 90-minütiger Workshop „Illustration“ für 20 ausgewählte Schülerinnen der Q11 im Kunstraum. Die Teilnehmerinnen sollen zunächst ihren Vor- und Nachnamen mit Filzstift in großen Lettern auf ein einfaches Blatt Papier schreiben, die Buchstaben ausschneiden und aus diesen möglichst viele unterschiedliche Wörter und Satzfragmente bilden. Eifrig machen sich die Schülerinnen an die Arbeit und bald ertönen belustigte und erstaunte Ausrufe – sie teilen sich gegenseitig ihre teils skurrilen Wortneuschöpfungen mit: Vieles ergibt zunächst keinen Sinn, es klingt teilweise wie das Skandieren von dadaistischen Gedichten, doch dann entsteht aus dem „Buchstabensalat“ bei einigen doch – einigermaßen – Sinnvolles: aus dem Namen einer Schülerin entstehen beispielsweise fiktive Charaktere, ein „John Anosalo“ und ein „Jona Honolas“. Bei einer anderen steht: „Jan, Anna, im Zimmer“, sogar zu Bayerisch lassen sich die Buchstaben zusammenfügen: „Mei a Ratz“ erfindet eine Schülerin. Schon die erste Aufgabe erheitert alle Anwesenden, Frau Budde schaut den Mädchen immer wieder über die Schulter, spricht mit ihnen über ihrer Wortkreationen und gibt Tipps. Im Anschluss sollen die Schülerinnen auf kleineren Papieren ein „Portrait“ eines der aus ihren Buchstaben entstandenen „Charaktere“ zeichnen. Das Konterfei von „Zar Esfiv“ zeigt einen Kopf mit blauer Nase, blauen Wangen, Schnauzbart und dicken Augenbrauen, Abstehohren, brauner Pelzmütze und Wodkaflasche auf dem Kopf und grünem Stehkragen bis zum Kinn. „Mara Mietzm“ ist in Anlehnung an ihren Namen ein niedliches  „Katzenmädchen“, mit spitzen Katzenöhrchen, Schnäuzchen mit Schnurrhaaren, weit aufgerissenen großen Augen, lockigen Haaren, langem Hals und einem Katzenschwanz um den Hals gelegt. Mit „Ahoj! Lanoson!“ ist ein weiteres Portrait beschriftet, es zeigt einen blonden Wikinger mit gehörntem Helm, blauen Augen und blauem Pullover mit Stehkragen und Reißverschluss. Bei „Sajat Taikinnan“ handelt es sich um eine mysteriöse Dame mit pinken, lockigen Haaren, großen schwarzen Augen und sehr dicken, roten Lippen. „Mauul Ninja“ ist ein Ninja-Mädchen mit roter Augenbinde, stechenden blauen Augen, braunen Haaren und schwarzem Shirt, für das sich viele der Schülerinnen bei der kleinen Zwischenpräsentation auf einem der Zeichentische sehr begeistern. Die Vielfalt an Ergebnissen ist in Anbetracht des kurzen und intensiven Zeichnens ganz erstaunlich! Alle Teilnehmerinnen stehen um den Tisch und bestaunen teils bewundernd, teils amüsiert die Blätter der anderen. Frau Budde stellt nun die letzte Aufgabe: die Schülerinnen sollen sich zwei der Charaktere aussuchen und diese auf einem Blatt in einer Art von Dialog zeichnen. Ein letztes Mal geht es an die Arbeit! Es entstehen witzige, comichafte „Begegnungen“ der verschiedenen „Personen“ auf dem Papier, die zum Schmunzeln anregen. Besonders das Ninja-Mädchen ist sehr beliebt. Auf einem Blatt beschwert sich „V. Eis Friz“ bei seinem fiktiven Gegenüber, der Lust auf ein Eis hat: „Aber ich bin nicht zum Essen!“. Auf einem anderen fragt eine Person mit einem dosenartigen Kopf eine Art grünes Gurkenmonster: „Willst Du auch zu Marmelade werden?!“ – worauf dieses schreit: „Nein!!!!“. Nach der erneuten Präsentation dieser Ergebnisse endet der sehr abwechslungsreiche und amüsante Workshop. Die Schülerinnen empfanden sichtbar Vergnügen beim Zeichnen und arbeiteten konzentriert und motiviert an den einzelnen Aufgaben. Einige bedanken sich am Ende persönlich bei Frau Budde, auch die Illustratorin äußert ihre Wertschätzung für die Begeisterungsfähigkeit der Schülerinnen. Eine rundum gelungene Veranstaltung – wir danken Frau Budde ganz herzlich für ihren Besuch!